Morbus Bechterew, auch Spondylitis ankylosans genannt, ist eine chronisch verlaufende entzündlich-rheumatische Erkrankung der Wirbelsäule. M. Bechterew gehört zu den sogenannten Autoimmunkrankheiten. Was ist das für eine Krankheit? Wer leidet darunter? Was kann man dagegen tun? Welche Rolle spielen Nackenschmerzen dabei?
Was ist die Bechterew-Krankheit?
Ihren Namen hat diese Krankheit nicht nach ihrem Entdecker. Ein russischer Neurologe, Wladimir Bechterew, hat im ausgehenden 19. Jahrhundert lediglich eine sehr bekannte Beschreibung dieser Krankheit veröffentlicht. In der Medizin heißt es, dem Krankheitsbild gemäß, lateinisch Spondylitis ankylosans, was soviel heißt, wie versteifende Wirbelentzündung.
Sämtliche Wirbelgelenke, auch die Gelenke zwischen Wirbeln und Rippen und dem Darm- und Kreuzbein, können von dieser, sogenannten autoimmunen Reaktion betroffen sein. Das Immunsystem kann Freund von Feind nicht mehr unterscheiden und sendet auf einmal entzündungsfördernde Botenstoffe in die Gelenke.
Wie es dazu kommt, ist medizinisch noch nicht erschöpfend geklärt. Nach heutigem Wissensstand geht man davon aus, dass eine bestimmte genetische Veranlagung, kombiniert mit bestimmten Reizen von Außen, zu dieser Fehlsteuerung des Immunsystems führt. Als auslösende Reize werden Infektionen anderer Körperbereichen (z. B. Verdauungstrakt, Harnwege) vermutet. Andere Reize, wie außergewöhnliche körperliche und seelische Belastungen, werden ebenfalls diskutiert. Zumindest wird dem zentralen Nervensystem eine Beteiligung beim Ausbruch, beim Verlauf und letztendlich auch bei der Behandlung des M.Bechterew eingeräumt.
Wer bekommt die Bechterew-Krankheit?
Ein Morbus Bechterew tritt am häufigsten zwischen dem 15. und dem 30. Lebensjahr auf. Lange ging man davon aus, dass Männer häufiger davon betroffen sind als Frauen. Nach neusten Untersuchungen gilt das nicht mehr. Männer und Frauen sind in etwa gleichermaßen davon betroffen. Nur ist der Krankheitsverlauf bei Frauen oft untypisch, sodass ein M. Bechterew bei Frauen seltener diagnostiziert wird. Die Verknöcherung, und damit die Versteifung der Wirbel, geht bei den Frauen langsamer vonstatten als bei den Männern.
Eindeutig kann eine familiäre Häufung festgestellt werden. Bisher gibt es ein Erbmerkmal, das HLA-B27, welches in einem Zusammenhang mit der Erkrankung gebracht wird. 90 Prozent der Bechterew Erkrankten tragen dieses Erbmerkmal. Jedoch, nicht jeder Träger dieses Merkmals erkrankt an Bechterew und nicht jeder Bechterew Erkrankte trägt dieses Merkmal. Man vermutet und sucht noch weitere Erbmerkmale.
Verdacht, Diagnose und Verlauf von Morbus Bechterew
Der Verlauf eines Morbus Bechterew ist individuell unterschiedlich, nicht nur zwischen den Geschlechtern. Der Beginn ist oft sehr unspezifisch und nicht selten kommt es zu Fehldiagnosen, wie Osteoporose oder Bandscheibenvorfall. Es ist keine Seltenheit, dass die Diagnose Spondylitis ankylosans manchmal erst nach mehreren Jahren gestellt wird. Dabei ist eine rechtzeitige Diagnose enorm wichtig, für die weitere Lebensqualität mit der Krankheit.
Im Anfangsstadium sind folgende Symptome typisch:
- Schmerzen und Bewegungseinschränkungen in der Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung der Schmerzen in den Oberschenkel
- die Beschwerden werden vor allem früh Morgens wahrgenommen
- die Schmerzen lassen bei Bewegung nach und verschlimmern sich in Ruhe
- Morgensteifigkeit, die länger als eine halbe Stunde dauert
- die Beschwerden halten insgesamt länger als drei Monate an
- zusätzlich können andere Beschwerden, die zeitgleich auftauchen einen Hinweis auf M. Bechterew geben: u. a. Regenbogenhautentzündung, Schmerzen über dem Brustbein, Fersenschmerzen, Sehnenansatz-Entzündungen und Entzündungen an anderen Gelenken.
Die Symptome treten schubweise auf und sind begleitet von heftigen Schmerzen und allgemeiner Abgeschlagenheit, gelegentlich auch von Fieber.
Treten diese Symptome vor dem 30. Lebensjahr auf, kann dies ein weiterer Hinweis auf eine Bechterew Erkrankung sein. Wenn es noch vor dem 16. Lebensjahr dazu kommt, ist ein schwerer Krankheitsverlauf sehr wahrscheinlich.
Arzt bei Verdacht auf Bechterew frühzeitig aufsuchen
An dieser Stelle ist es wichtig, besonders bei einer familiären Vorbelastung, rechtzeitig eine Ärztin, einen Arzt hinzu zu ziehen, wenn einige dieser Symptome auftreten. Gewiss ist die hausärztliche Praxis die erste Anlaufstelle. Aber sobald Unsicherheit oder ein Verdacht auf Morbus Bechterew besteht, ist es ratsam, eine spezialisierte rheumatologische Praxis aufzusuchen.
Im weiteren Verlauf und im Spätstadium der Krankheit können noch mehr Bereiche betroffen sein, als nur die Wirbelsäule. Eine Spondylitis ankylosans ist keine Wirbelsäulenerkrankung, es ist eine sogenannte System-Erkrankung. Das Immunsystem als Ganzes ist fehlgesteuert. Somit kann sich die Erkrankung nicht nur über die gesamte Wirbelsäule, sondern auch über andere Gelenke und Organe ausbreiten.
Versteifung der Wirbelsäule bei Morbus Bechterew
Wenn es im späten Stadium zu einer Versteifung der Wirbelsäule kommt, wird der Rücken rund, der Kopf schiebt sich nach vorn, was eine zusätzliche, starke Belastung der Halswirbel bedeutet. Sogar das Atmen kann dann, durch den unbeweglichen Brustkorbbereich, schwerfallen und Schmerzen verursachen.
Die gute Botschaft ist, dass auch nach einer Krankheitsdauer von über vierzig Jahren die allerwenigsten Patienten eine Pflege zur Bewältigung ihres Alltages benötigen. In wie weit die Bewegung eingeschränkt ist, hängt sehr stark von einem regelmäßigen Bewegungsprogramm ab. Im Alter, nach vielen Jahren, kommt es meistens zu einem Stillstand der Krankheit. Als Spätfolgen, bei nachlässiger Therapie, kann es im Alter zu Wirbelbrüchen und der Notwendigkeit einer künstlichen Beatmung kommen.
Ist die Bechterew Erkrankung heilbar?
In der Medizin heißt es eindeutig, dass eine Spondylitis ankylosans nicht heilbar ist. Noch nicht, so heißt es. In der alternativen Medizin sieht man das erfahrungsgemäß anders, zumindest dann, wenn noch keine irreversiblen Schäden entstanden sind.
Auf jeden Fall lässt sich ein M. Bechterew, durch eine frühzeitige Diagnose und einer entsprechenden Therapie, sehr stark positiv beeinflussen. Die allgemeinmedizinische Therapie fußt auf zwei Säulen:
- Bewegungsübungen zur Erhaltung der Beweglichkeit (Physiotherapie)
- Medikamentengabe zur Schmerz- und Entzündungsreduktion
In der alternativen Medizin sieht man in erster Linie eine geschädigte Darmflora und einen übersäuerten Körper als (Mit)Verursacher dieser Erkrankung. Es ist von Pilzen und Schlacken die Rede. Dementsprechend fokussiert sich hier die Therapie, neben der Bewegung, hauptsächlich auf die Ernährung. Zur Linderung der Schmerzen stehen physikalische Maßnahmen und Akupunktur im Vordergrund.
Wieso bekommt man Nackenschmerzen von Morbus Bechterew?
Speziell die Halswirbelsäule kann bei einem Morbus Bechterew gleich zweimal eine Rolle spielen, zu Beginn und auf jeden Fall im späteren Stadium. Eher selten ist es bei einem Bechterew, dass im Anfangsstadium gleich die Halswirbelgelenke befallen werden. Allerdings ist es durchaus möglich, und sollte, sofern andere Symptome mit denen eines M. Bechterew übereinstimmen, auch als möglicher Beginn dieser Erkrankung in Betracht gezogen werden.
Im weiteren Verlauf wird die Halswirbelsäule fast automatisch mit einbezogen. Je kraftloser und unbeweglicher die Brustwirbelsäule wird, desto mehr gerät die natürliche Haltung des Kopfes außer Balance. Dies kann zu erheblichen Nackenproblemen führen. Je mehr sich ein Rundrücken ausbildet, desto mehr leidet der Nackenbereich darunter. Daher ist es so wichtig, auch wenn es manchmal viel Aufwand und Mühe bedeutet, regelmäßig Bewegungstrainings nach professioneller Anleitung durchzuführen. Dies kann man nicht oft genug betonen!
Therapien und was man selber bei Bechterew tun kann
Nichts spricht dagegen, bei der Therapie eines Morbus Bechterew zweigleisig zu fahren und alle Mittel auszuschöpfen:
- nichtsteroidale Antirheumatika, zum Beispiel Indometacin oder Diclofenac
- Glukokortikoide, cortisolhaltige Arzneimittel
- schmerzstillende Pflaster, Cremes oder Auflagen
- Akupunktur
- Radonwärmetherapie
Langfristig gilt es, in den schmerzfreien Phasen immer für ausreichend Bewegung zu sorgen. Auch wenn es banal klingt, es ist wichtig, sich um eine seelische Ausgeglichenheit zu bemühen, die Krankheit zu akzeptieren und das Bestmögliche daraus zu machen.
Die Körperhaltung benötigt eine erhöhte Aufmerksamkeit. Kritische Selbstkontrolle beim Sitzen, Stehen, Liegen oder Tragen ist wichtig und kann in speziellen Kursen erlernt werden.
Einschränkungen im Berufsleben durch Bechterew
Ideal ist eine Tätigkeit, bei der die Betroffenen möglichst oft zwischen sitzen, gehen und stehen wechseln können. Einseitige Haltungen und das Tragen schwerer Lasten sollten tabu sein. Es macht durchaus Sinn, mit seinen Arbeitgeber offen darüber zu sprechen, damit ein adäquates Arbeitsumfeld gewährleistet ist. Schließlich bringt das für beide Seiten Vorteile.
Entscheidend ist es auch, sich eine korrekte Sitzhaltung anzugewöhnen. Auf keinen Fall vornübergebeugt oder weit nach hinten angelehnt. Eine gerade Sitzhaltung, als wenn man auf der Stuhlkante sitzt, ist am gesündesten.
Besser schlafen mit Morbus Bechterew
Für die Nachtruhe ist es wichtig, dass Matratze und Lattenrost nicht zu weich und nachgiebig sind. Am besten ist ein Brett unter der Matratze und diese aus festem Schaumstoff. Die Kopfkissen sollten den Nackenbereich unterstützen. Kissen, die bis unter die Schultern reichen, sind völlig ungeeignet. Die Seitenlage ist nicht besonders günstig. Besser ist es, man kann auch eine Zeit lang in der Bauchlage liegen. Hierbei gilt es allerdings auf seinen Nackenbereich zu achten.
Es gibt viele Lebensbereiche, die man für diese Erkrankung optimieren muss. Außer den erwähnten Bereichen sind da noch die Autositze und die Schuhe wichtig. Für den Autositz ist ein Keilsitz, der nach vorn hin dünner wird, eine gute Lösung.
Bei der Kleidung werden oft schwere Sakkos und Hosenträger nicht vertragen. Die Schuhe sollten federnd sein. Für den Nackenbereich wird ein Schal oder Tuch immer als angenehm empfunden.
Fazit
Morbus Bechterew Patienten (Bechtis) sollten ihr Leben lang darum bemüht sein, Haltung zu bewahren, täglich die erforderlichen Übungen durchzuführen, ihre Grenzen zu akzeptieren und auf eine gesunde Lebensweise zu achten.
„Bei chronischen Nackenschmerzen würde ich vorerst immer die Themen Körperhaltung, Atmung, Faszientraining und Mobilisation angehen.“