Atemnot durch Verspannungen im Nacken

Wenn verspannte Muskeln das Atmen schwer machen

Wenn du Atemstörungen hast, denkst du bei den Ursachen vermutlich erstmal an deine Lunge. Das deine Muskulatur für die Atemprobleme verantwortlich sein können hast du wahrscheinlich noch nie gehört. Doch ist es so...eine verspannte Muskulatur kann das Atmen schwer machen.

Atemstörungen sind bestimmt nicht die erste Assoziation, die einem bei Nackenverspannungen in den Sinn kommen. In der Medizin werden Atemstörungen Dispnoe genannt. Die Ursache für eine Dispnoe umfassen viele verschiedene medizinische Fachbereiche. Wann können Atemstörungen durch Verspannungen im Nacken verursacht sein?

Was sind Atemstörungen?

Das Gefühl, nicht genügend Luft zu bekommen, die Atmung fällt schwer, sie ist zu flach, zu schnell oder zu tief. Diese Symptome werden als Atemstörungen, Dispnoe, zusammengefasst. Für eine adäquate Versorgung mit Sauerstoff durch die Atmung sind mehrere Prozesse verantwortlich. Das Atemzentrum im Gehirn koordiniert all diese Faktoren, die willkürlichen und unwillkürlichen.  Die Ursache einer Atemstörung kann in einen dieser Bereiche liegen:

  • pulmonal (Lunge)
  • kardial (Herz)
  • zerebral (Atemzentrum)
  • skelettal
  • muskulär
  • psychisch

Die pulmonalen oder kardialen Ursachen sind zum Beispiel Erkrankungen wie Asthma Bronchiale, Lungenemphysem, Mukoviszidose, Herzinsuffizienz oder Perikarderguss. Skelettveränderungen im Rumpfbereich können zu erheblichen Einschränkungen bei der Atmung führen. Zum Beispiel bei einem Morbus Bechterew oder bei diversen Rippenbrüchen. Eine cerebrale Dispnoe ist eine Störung im Atemzentrum selbst.

Eine muskuläre Atemstörung liegt vor, wenn Atemmuskeln oder Atemhilfsmuskeln von krankheitsbedingter Muskelschwäche oder Muskelschwund betroffen sind. Auch psychische Erkrankungen, wie Depressionen, Stresssyndrome oder Angststörungen können einen starken Einfluss auf die Atmung ausüben. Weiter beeinflussen eine Azidose (Übersäuerung), Adipositas (starkes Übergewicht) oder ein Struma (Schwellung der Schilddrüse) die Atmung.

Normale Atmung, die Atemmuskulatur

Eine normale Atmung verläuft automatisch und ist gleichmäßig, wobei die Ausatmung etwas länger dauert als das Einatmen. Die meiste Zeit verläuft die Atmung unbewusst, zum Glück. Allerdings können wir bedingt auch willkürlich auf unsere Atmung Einfluss nehmen. Die Einatmung vollzieht sich durch Unterdruck, die Luft wird dabei in die Lungen aufgesogen, nicht hineingepresst. Diverse Muskelgruppen sorgen dafür, dass sich der Brustkorb und der Bauchraum erweitern, um der Luft genügend Raum zu geben.

Man unterscheidet die Atemmuskulatur, mit dem Zwerchfell und der Zwischenrippen-Muskulatur, und die Atemhilfsmuskulatur. Letztere kommen besonders bei der bewussten Atmung zum Tragen. Zur Atemhilfsmuskulatur zählen Muskeln der Hals-, Brust- und Bauchmuskulatur. Sie unterstützen die Ein- und Ausatmung.

Atemhilfsmuskulatur des Nackens

Im Nackenbereich gehören die Musculi scaleni, die Treppenmuskeln, zur Atemhilfsmuskulatur. Sie zählen zu den tiefen Nackenmuskeln:

  • Musculus scalenus anterior
  • Musculus scalenus medius
  • Musculus scalenus posterior
  • Musculus scalenus minimus

Die Muskelfasern der Musculus scalenus Gruppe verbinden die Halswirbel C3 bis C6 mit den obersten Rippenbogen. Sie heben die erste Rippe an und unterstützen damit die Einatmung.

Verbindung vom Zwerchfell zum Nacken

Es gibt noch eine weitere direkte anatomische Verbindung zwischen der Atmung und dem Nacken. Der größte Atemmuskel ist das Zwerchfell. Der unter den Lungen und dem Herzen querverlaufende Muskel wird vom Nervus phrenicus bedient. Die Muskeln werden vom Atemzentrum über den N. Phrenicus zur Bewegung aktiviert. Umgekehrt laufen über diesen Nerv auch sensorische Reize zurück ins Gehirn, wie Schmerzen oder ein übervoller Magen, der von unten störend auf das Zwerchfell drückt. Der Nervus phrenicus tritt aus den Halswirbeln C3 bis C5 aus und zieht zum Zwerchfell hin.

Der Nacken und seine Nachbarn

Allein durch die enge Nachbarschaft vieler unterschiedlicher Strukturen im Hals- und Nackenbereich können diverse Störungen der dortigen Muskulatur auch die Atmung beeinflussen.
Reflektiv kann es durch eine psychisch labile Stimmungslage zu einer Anspannung der Kiefermuskulatur, diverser Nackenmuskeln und der Schultermuskulatur kommen. Fehlstellungen, Fehlhaltungen oder ein steifer Hals wirken sich auf die nachfolgenden Muskelgruppen und den weiteren Verlauf der Wirbelsäule aus. Besonders im Brustwirbel- und Brustmuskelbereich kann es durch eine dauerhaft verspannte Nackenmuskulatur zu Beeinträchtigungen kommen.

Ein enger Zusammenhang besteht zwischen der Brust- und Schultermuskulatur. Sie zählen zur Atmenhilfsmuskulatur. Beide unterstützen die Einatmung. Man erkennt den Einfluss deutlich, wenn man die Arme während der Einatmung aufstützt und im Vergleich einmal einatmet, ohne die Arme aufzustützen. Diese Muskelgruppen verschaffen spürbar mehr Raum für die Atemluft.
Verspannungen im Nackenbereich übertragen sich auf die Stimmbänder, die Atemwege und Kaumuskeln. Man beobachtet bei Menschen mit Nackenverspannungen häufig eine flache und gepresste Atmung. Anspruchsvolle Gesangseinlagen sind kaum möglich mit einem verspannten Nacken. Atemwege und Stimmbänder liegen nicht nur räumlich eng beieinander, die Stimme ist auf die Atmung angewiesen.

Nackenverspannungen durch falsche Atmung

Auch andersherum können sich Nackenmuskulatur und Atmung beeinflussen. Durch eine permanente Hochatmung, auch Schulteratmung genannt, wird nicht nur die Lunge schlecht beatmet, auch kommt es in den Schulter- und Nackenmuskeln mit der Zeit zu schmerzhaften Verspannungen. Dabei atmen die Betroffenen fast nur noch in den oberen Brustkorb, bei der Einatmung ziehen sich die Schultern hoch. Dadurch gibt es jedoch nicht mehr Platz im Brustkorbbereich, das Lungenvolumen vergrößert sich nicht. Lediglich die Muskeln werden durch die dauerhafte Anspannung immer unbeweglicher. Ein System, welches sich gegenseitig hochschaukelt.

Woran erkenne ich Atemstörungen aufgrund von Nackenverspannungen?

Eine gesunde Atmung bedeutet Einatmung, Ausatmung, Atempause. Das Zwerchfell senkt sich bei der Einatmung, um den Lungen Raum für den Unterdruck zu verschaffen. Das Zwerchfell hebt sich bei der Ausatmung, ein Überdruck entsteht und der Atem wird herausgepresst. In der darauffolgenden Atempause sind alle Muskeln entspannt. Dieser Vorgang läuft natürlicherweise unbewusst ab.

Atemstörungen können durch folgende Symptome auf sich aufmerksam machen. Wobei man viele Symptome am Anfang nur wahrnimmt, wenn man bewusst auf seine Atmung achtet:

  • die normale Atmung ist flach, ohne große Bewegung im Brust- oder Bauchraum
  • die Schultern werden beim Atmen angehoben
  • Kurzatmigkeit, kurze Atemzüge ohne/ oder unter Belastung
  • kein regelmäßiger Atemrhythmus
  • zu lange Atempausen, Atem anhalten, der Atem stockt
  • unökonomisches Atmen beim Sprechen, zu schnelles Sprechen

All diese Symptome müssen nicht sehr stark ausgeprägt sein. Doch mit der Zeit stellen sich andere Symptome ein, die zunächst mit dem Nachlassen der allgemeinen Vitalität einhergehen:

  • Müdigkeit
  • Konzentrationsmangel
  • weniger Leistung
  • gedrückte Stimmungslage
  • Unruhe
  • Ängstlichkeit
  • Blässe
  • blaue Lippen, bläuliche Zunge

Wenn muskuläre Verspannungen (zB durch die ständige Nutzung eines Smartphones->sogenannter Smartphonenacken) die Ursache sind, kann es, unbehandelt, zu einer reaktiven Verstärkung der Nackenverspannungen und zu Verspannungen weiterer Muskelgruppen kommen.

Wer kann helfen?

Wer Atemstörungen bei sich feststellt oder bereits erste Einschränkungen dadurch feststellt, sucht am besten zunächst seine Hausärztin, seinen Hausarzt auf. Es geht darum, Erkrankungen an Lunge, Herz oder im Halbereich auszuschließen. Wenn ernsthafte Erkrankungen nicht zugrunde liegen, kann es mehrere Wege geben, wieder zu einem gesunden Atemrhythmus zu gelangen.

Am wichtigsten ist es, sich selbst, mit seinen Anspannungen wahrzunehmen und die Fähigkeit zur Entspannung wieder zu erlernen. Nicht nur im Nackenbereich. Die Ursachen, warum sich die Nackenmuskeln verspannen, sind vielseitig und oft eng miteinander verwoben, sie füttern sich praktisch gegenseitig.

Daher ist es wichtig, dass jeder seinen richtigen Weg findet. So kann jemand bei einem Logopäden sehr gut aufgehoben sein und ein anderer besser bei einem Orthopäden. Während einige auf die Yoga Atemtechniken des Pranayama gut ansprechen, kann es anderen sehr unangenehm sein, kontrolliert unterschiedliche Atemtechniken zu erlernen. Das wichtigste Stichwort auf dem Weg zur Heilung ist die Entspannung. Um eine psychischen und muskuläre Entspannung zu erreichen, gibt es zum Glück viele individuelle Wege.

Selbsthilfe und Vorbeugung

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Wer Atemstörungen bei sich feststellt und zunächst einmal ernsthafte Erkrankungen ausschließt, kann versuchen, sich und seinen Körper zu scannen. Das heißt, wahrzunehmen:

  • Wie halte ich den Kopf?
  • Sind die Schultern hochgezogen?
  • Habe ich öfter Nackenverspannungen?
  • Wie spreche ich, wie ist mein Sprachduktus?
  • Halte ich öfter den Atem an?
  • Komme ich häufig grundlos außer Atem?
  • Kann ich vom Bauchraum in den Brustraum, bis hinein in die oberen Lungenspitzen atmen?
  • Fällt es mir grundsätzlich schwer, mich völlig zu entspannen?
  • Stehe ich zur Zeit unter psychischen Stress?
  • In welchen Situationen habe ich das Gefühl nicht genügend Sauerstoff zu bekommen?

Doch, um ganz sicher zu gehen, und bei spürbaren Einschränkungen der Lebensqualität, sollte auf jeden Fall eine ärztliche Untersuchung stattfinden.

Die beste Vorbeugung, nicht aufgrund von Verspannungen im Nacken in Atemnot zu geraten, ist und bleibt Bewegung. Die Nackenmuskeln müssen im Training bleiben, sich jederzeit aktiv entspannen und anspannen können. In Bezug auf eine gesunde Atmung können Hobbys wie Singen, Blasinstrumente spielen, Atemmeditationen oder Atemübungen (z. B. Pranayama) eine perfekte Ergänzung sein.

Auch Übungen können einen beträchtlichen Effekt auch Verspannungen haben. Sind sie akut, lassen sich durch gezielte Dehn-, Lockerungs- und Kräftigungsübungen Spannungsgefühle und die daraus resultierenden Schmerzen und Symptome effektiv bekämpfen. Ich habe einen Übungsbereich für Nackenschmerzen-Geplagte erstellt, in dem du die wichtigsten Übungen findest.

Meine tägliche Routine gegen Schmerzen im Nacken

Bevor wir zu allen Übungen kommen, die du für deinen Nacken auswählen kannst, zeige ich dir hier meine eigene tägliche Routine gegen Nackenschmerzen. Ich wende hauptsächlich nur noch diese an und bin seither zu 99% schmerzfrei. Ich mache diese Basis-Übungen jeden Tag und habe damit meine Nackenschmerzen fast vollständig aus meinem Leben verbannen können. Klicke auf die Bilder um eine genaue Beschreibung der Übung anzusehen.

Basis-Übung:
Dehnung des Nackens

Übung Dehnung Nacken

Dehnübung für die
Brustmuskulatur

Übung Dehnung Brust HWS

Dehnung der
seitlichen Nackenmuskulatur

Übung Dehnung Seitliche Nackenmuskulatur

Stärkung der
Nackenmuskulatur

Nacken-staerken-Uebung

Normalerweise wirst du schon nach der ersten Anwendung der Übungen eine Erleichterung bei deinen Schmerzen und den Verspannungen verspüren. Regelmäßig angewendet beugen die Übungen ideal gegen neue Verspannungen vor. Du kannst sie anwenden wann immer und so oft wie du willst. Aber zumindest 1x am Tag solltest du sie in deinen Tagesablauf einbauen und vor allem die Dauer der Anwendung konsequent beachten.

Artikel zuletzt aktualisiert am 15. Dezember 2020 von

Dr. Ingo Froböse im Interview„Das wichtigste ist, sich so häufig wie möglich aktiv zu bewegen, und das sollte idealerweise jeden Tag stattfinden.“

Dr. Ingo Froböse im Interview

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