Zervikalsyndrom (HWS Syndrom): Symptome, Diagnose und Therapie

Das Zervikalsyndrom (HWS Syndrom) geht mit verschiedenen Symptomen wie Verspannungen, Nackenschmerzen und Versteifungen einher. Die Ursache ist oft nicht eindeutig zu diagnostizieren. Doch ich verrate dir, wie du die Beschwerden verbessern kannst und mit welchen sehr effektiven Maßnahmen es möglich ist, einem HWS-Syndrom vorzubeugen.

Mediziner sprechen von einem Zervikalsyndrom (HWS Syndrom), wenn Patienten über Verspannungen, Versteifungen und Nackenschmerzen klagen. Was verbirgt sich hinter den Schmerzen im Nackenbereich und was ist das Zervikalsyndrom?

Was zeigt das Zervikalsyndrom?

Der Nacken bezeichnet den Bereich zwischen dem Hinterhaupthöcker, dem schulternahen Ansatz des Trapezmuskels und dem ersten Brustwirbel. Die Schmerzen im Nacken strahlen nicht selten in den Hinterkopf aus und verursachen hier Kopfschmerzen. Die Halswirbelsäule ist sehr beweglich und besteht aus den obersten Wirbeln der Wirbelsäule. Verletzungen, Verschleiß und andere Ursachen wie Verspannungen können die Nervenwurzeln im Bereich der Halswirbelsäule in Mitleidenschaft ziehen.

Das Zervikalsyndrom bezeichnet eine Vielzahl von Beschwerden im Bereich von Hals und Nacken, die ohne Behandlung auf andere Körperregionen ausstrahlen können. Das HWS-Syndrom (Hals-Wirbel-Syndrom) ist in verschiedene Kriterien unterteilt. Je nach Verlauf wird zwischen akut und chronischem HWS-Syndrom unterschieden. Nach der Lokalisation wird zwischen oberem, mittlerem und unterem Syndrom unterschieden. Die Ursache kann posttraumatisch (nach einem Unfall), degenerativ (altersbedingte Verschleißerscheinungen an den Wirbelkörpergelenken) oder funktionell (Funktionseinschränkungen) sein.


Wie oft kommen diese Beschwerden vor?

Das Zervikalsyndrom tritt relativ häufig auf. Laut Statistiken leidet jeder Zweite mindestens einmal in seinem Leben an einer der Beschwerden, die damit einhergehen. Frauen leiden häufiger unter der Erkrankung als Männer. Der Grund hierfür ist die schwächere Rückenmuskulatur. Betroffen sind vorwiegend Erwachsene aller Altersgruppen. Die Ursache kann oftmals nicht eindeutig diagnostiziert werden.


Was sind die typischen Ursachen für das HWS Syndrom?

Mit der Bezeichnung HWS Syndrom (weiterführende Informationen) (oder Zervikalsyndrom) fasst man eine Vielzahl von Beschwerden zusammen, die im Halswirbelsäulenbereich auftreten, bzw. Symptome, die von den Halwirbeln ausgehen, zusammen. Die Ursachen werden in der Medizin eingeteilt in degenerativ, posttraumatisch und funktionell.

Degeneratives HWS Syndrom

Die Ursachen liegen hier in einer übermäßigen Beanspruchung. Es handelt sich um Verschleißerscheinungen, die entweder durch eine falsche Belastung, zu hohe Belastung (Sportler) oder durch eine sehr lange Beanspruchung (Alter) hervorgerufen werden. Meistens handelt es sich dabei um Abnutzungserscheinungen der Strukturen, z. B. degenerative Veränderungen der kleinen Halswirbelgelenke oder der Bandscheiben. Dadurch kann es zu einer Reihe von Krankheitsbildern kommen: Spondylose, Facettensyndrom, die Ausbildung von Osteophyten an den Wirbelkörpern, HWS Bandscheibenvorfall, Beschädigungen der Bänderstrukturen, Blockade der Wirbelgelenke oder eine Osteochondrose.

Posttraumatisches HWS Syndrom

Allen bekannt und als prominenteste Ursache liegt hier das Schleudertrauma nach einem Unfall zugrunde. Die Halswirbelsäule ist sehr beweglich und dementsprechend empfindlich gegen äußere Einwirkungen. Ein posttraumatisches HWS Syndrom tritt immer nach einer plötzlichen und heftigen Bewegung auf. Am häufigsten führen ein Autounfall oder ein Sportunfall zu einem Schleudertrauma und damit am besten erst einmal in eine Klinik, um ernsthafte Schäden auszuschließen.

Funktionelles HWS Syndrom

Auf Platz eins der funktionellen Störungen der Halswirbelsäule liegen die muskulären Verspannungen oder Verhärtungen. Diese werden zum größten Teil durch Fehlhaltungen, Fehlbewegungen und mangelhafte Bewegung im Alltag hervorgerufen.

Während alle Ursachen eines HWS Syndroms auch bei Menschen auftreten können, die sich ansonsten bester Gesundheit erfreuen, werden Beschwerden im HWS Bereich mit psychisch oder körperlich krankhaften Ursachen, als Komorbiditäten (Begleiterkrankungen) oder eigene Erkrankungen behandelt. Häufig lassen sich jedoch die wirklichen Ursachen von Nackenschmerzen nicht exakt nach den medizinischen Einteilungen bestimmen. Was war zuerst da, die Schmerzen im Gelenk oder der Stress? Die Fehlhaltung aufgrund einer Entzündung oder die Entzündung aufgrund einer Fehlhaltung? Bei länger andauernden Beschwerden im HWS Bereich ist es daher wichtig, sich möglichst ganzheitlich auf die Suche zu begeben um die Ursache zu finden.


Ab wann sollte ein Arzt aufgesucht werden und welcher Mediziner ist der richtige Ansprechpartner?

Eine frühzeitige ärztliche Abklärung der Symptome ist sinnvoll, denn es kann sich beim Zervikalsyndrom auch um andere Erkrankungen handeln, die einer Therapie bedürfen. Ohne Therapie kann sich das HWS-Syndrom verschlimmern. Die vorhandenen Symptome können verstärkt werden und zudem sind weitere Beschwerden möglich. Im Laufe der Zeit können immer mehr Symptome auftreten oder die bereits vorhandenen Beschwerden verstärkt werden. Betroffene nehmen häufig eine Schonhaltung ein, um die Schmerzen zu reduzieren. Dadurch kann es zu einer Verschlimmerung des Syndroms kommen. Verschiedene Fachärzte können ein HWS-Syndrom diagnostizieren. In der Regel ist der Hausarzt die erste Anlaufstelle. Er kann entscheiden, ob er zum Orthopäden oder Neurologen überweist.


Diagnose durch einen Arzt und die Therapie bei Zervikalsyndrom

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Bei anhaltenden Nackenschmerzen und Verspannungen führt der Arzt eine Anamnese durch. Bei belastenden Situationen im beruflichen oder privaten Umfeld wird häufig eine Entspannungstherapie vorgeschlagen, die die Ursachen der Verspannungen beseitigen soll. Im Rahmen einer Physiotherapie wird versucht, sukzessive die Beweglichkeit der Halswirbelsäule wiederherzustellen und die Verspannungen zu lösen. Das kann auch mit einem sanften Training der Muskulatur im Bereich der Halswirbelsäule einhergehen.

Konservative Therapiemethoden wie chirotherapeutische Deblockierung der Wirbelgelenke oder intensive physikalische und manuell-therapeutische Behandlungen mit Reizstrom sowie Wärme wirken sich schmerzlindernd aus. Der Arzt kann schmerzlindernde Medikamente (Analgetika) verordnen. Je nach Ursache werden muskelentspannende Mittel (Relaxantien) oder Spritzen (Injektion von Lokalanästhetika in die schmerzhafte Muskulatur mit neurotrophen Medikamenten) verschrieben, um Patienten von akuten Schmerzen zu befreien. Das Krankheitsbild wird von Orthopäden, Neurologen und Psychiatern (bei seelischen Ursachen für Verspannungsschmerzen) behandelt.


Symptome des HWS Zervikalsyndroms

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Für das HWS-Syndrom sind Klopf- und Druckschmerzen über dem Bereich der Wirbelsäule typisch. Die Schmerzen verstärken sich, wenn der Kopf bewegt wird. Die gereizten Nerven können von Empfindungsstörungen (Taubheitsgefühl, Kribbeln) in den Schultern, Armen und dem Nacken begleitet werden. Im extremen Verlauf können Seh- und Hörstörungen, Schwindel oder Tinnitus die Nackenschmerzen begleiten. In der Regel ist die Muskulatur von Schultern und Nacken verspannt und verhärtet. Die Schmerzen im Nackenbereich können das Zervikalsyndrom indizieren, weshalb eine medizinische Abklärung unerlässlich ist.

Die Cercivobracialgie ist ein medizinischer Sammelbegriff des HWS-Syndroms, das verschiedene Ursachen haben kann und immer von Schmerzen im Nackenbereich, Schultergürtel und Schulterblattbereich begleitet wird. In welcher Form das HWS-Syndrom zu behandeln ist, hängt von der Ursache ab. Häufig resultieren die Nackenschmerzen aus verspannten Muskeln, die durch eine falsche Körperhaltung oder Stress verursacht werden.


Ganzheitliches Erkennen und Behandeln eines Zervikalsyndroms

Anhaltende Nackenschmerzen können zahlreiche Ursachen haben. Nach der Diagnose und Abklärung erfolgen fallspezifische Behandlungsmethoden, die in der Regel zu Schmerzfreiheit führen. Handelt es sich um degenerative Ursachen, gilt es abzuwägen, ob die Beschwerdefreiheit mit einer stabilisierenden Operation erreicht werden kann.


Wie verläuft ein HWS Syndrom?

In der Medizin wird das HWS-Syndrom unter anderem nach dem Verlauf eingeteilt. Man unterscheidet ein akutes und ein chronische HWS-Syndrom. Beim akuten Verlauf treten die Schmerzen plötzlich auf (Überbeanspruchung, Verletzung, Zugluft) und der Schmerz kann gut lokalisiert werden. Schmerzen die schleichend kommen und mehrere Wochen anhalten, sind chronisch. Oft werden die Schmerzen diffus wahrgenommen und strahlen in andere Regionen aus.

Vor allem die chronisch auftretenden Beschwerden wie Nackenschmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität der Betroffenen stark. Es kann sowohl privat als auch im Beruf zu Einschränkungen kommen, beispielsweise in der Form von Konzentrationsproblemen oder ständigen Schmerzen. Hinzu können ein Kribbeln und Taubheitsgefühle in den Extremitäten und eine Kraftlosigkeit in den Armen kommen. Die Schmerzen und eingeschränkte Bewegung nehmen zu, bis irgendwann ohne Schmerzen keine Bewegung mehr möglich ist. Desto früher das HWS-Syndrom behandelt wird, umso besser ist die Prognose. Die Ursache spielt ebenso eine Rolle.


Wo strahlen Schmerzen aus beim HWS Syndrom?

Eine weitere Einteilung richtet sich nach der Ausstrahlung in bestimmte Regionen. Das obere HWS-Syndrom strahlt in den Kopfbereich. Das mittlere HWS-Syndrom strahlt in den Bereich zwischen den Schulterblättern und in die Schultern aus. Beim unteren HWS-Syndrom können die Schmerzen in die Arme und weiter, bis in die Hände hinein ziehen.


Wie lange dauert ein HWS Syndrom?

Aufgrund der vielen verschiedenen Ursachen für ein LWS-Syndrom lässt sich die Dauer nicht vorhersagen. Meistens, begleitet mit einer passenden Therapie, ist ein akutes HWS-Syndrom spätestens nach zwei, drei Wochen auskuriert.


Wann ist ein HWS Syndrom als chronisch anzusehen?

Von einem chronischen Verlauf spricht man, wenn die Schmerzen länger als zwei Monate anhalten oder mehrmals im Jahr für eine gewisse Zeit wiederkehren. Meistens sind degenerative Geschehen an der Halswirbelsäule die Ursache. Die Schmerzen können oft nicht genau lokalisiert werden.


HWS Syndrom vorbeugen

Es gibt einige sehr effektive Maßnahmen, einem HWS-Syndrom vorzubeugen:

Bewegungsmangel, Fehlhaltungen, einseitige Belastungen, permanente Überforderung und Stress oder Ängste begünstigen eine starke Verspannung der Muskulatur. Dies alles sollte unbedingt vermieden werden. Daneben sollten auch eventuell vorliegende Grunderkrankungen ausreichend behandelt werden, um den Teufelskreis aus immer wiederkehrenden Beschwerden zu durchbrechen. Weitere vorbeugende Maßnahmen sind ein regelmäßiges, angepasstes Training des Rückens sowie eine Verringerung von Übergewicht, falls erforderlich. Ergonomische Sitzmöbel und gut eingestellte Tische sind generell unverzichtbar.


Physiotherapie bei HWS Syndrom

Besonders bei einem HWS-Synrom aufgrund von immer wiederkehrenden Verspannungen, kann man mit einer Physiotherapie gute Erfolge erzielen. Mit den professionellen Übungen werden in der Hauptsache drei Ziele angestrebt:

  • mehr Beweglichkeit für den Kopf
  • die Fähigkeit der Muskelentspannung zu fördern
  • die Muskeln in diesem Bereich zu stärken

Thermotherapie bei HWS Syndrom

Als konservative Therapie gegen Nackenschmerzen bei einem HWS-Syndrom, hat sich die Thermotherapie gut bewährt. Meistens kommt es dafür zum Einsatz von Rotlichtlampen, wärmenden Kompressen oder Kissen. Durch die Wärme werden die Kapillaren erweitert und dadurch die Muskeln besser durchblutet. Die Verspannungen können sich lösen.


Medikamentöse Therapie

Gegen die Schmerzen werden auch Medikamente eingesetzt, um möglichst schnell wieder mehr Beweglichkeit zu erlangen. Oral kommen Tabletten zum Einsatz, die den Schmerz lindern (Analgetika) oder die Muskeln entspannen (Muskelrelaxanzien). Es gibt auch die Möglichkeit einer Lokalanästhesie. Dabei wird ein entsprechendes Medikament in die Muskulatur der Halswirbelsäule gespritzt.


Was können Betroffene selbst tun?

Für die Behandlung des Zervikalsyndroms wird sehr häufig Physiotherapie eingesetzt, was insbesondere bei immer wiederkehrenden Nackenschmerzen und Verspannungen sehr sinnvoll ist. Dadurch können die Durchblutung und Beweglichkeit gefördert werden. Viele der hier erlernten Übungen können auch zu Hause fortgeführt werden, um ein erneutes Auftreten des HWS-Syndroms zu verhindern. Sie lassen sich gut in den Alltag einbauen. Daneben empfiehlt es sich, Sport zu treiben, beispielsweise sanftes Laufen auf weichen Untergründen, Schwimmen oder Rückengymnastik.

Auch die Wärmebehandlung hat sich gut bewährt, denn die betroffenen Bereiche werden dadurch stärker durchblutet und Verspannungen gelöst. Wenn Letztere gelockert sind, müssen die Bänder sanft gedehnt werden. Hierfür ist der Besuch eines Osteopathen sinnvoll. Die Rückenschule stellt ebenso eine gute Möglichkeit dar. Die Kosten werden bei einer Verordnung durch den Arzt und entsprechenden Beschwerden von den Krankenkassen übernommen. Durch den gezielten Muskelaufbau ist es möglich, die Körperhaltung zu verbessern und einen anhaltenden Behandlungserfolg sicherzustellen.

Dauerhaft hilft nur die Stärkung des Halteapparats. Ausreichend Bewegung und Sport halten die Muskeln geschmeidig. Um Verspannungen zu beseitigen, die durch eine unpassende Schlafposition ausgelöst werden, hierbei hilft ein spezielles Nackenstützkissen. Es unterstützt die Nackenmuskulatur und stellt sicher, dass der Kopf weder zu hoch noch zu tief liegt. Die Matratze sollte entsprechend der bevorzugten Schlafposition ausgewählt werden, damit die Haltung im Schlaf bestmöglich unterstützt wird.


Fazit

Bewegung ist beim Zervikalsyndrom sowohl bei der Vorbeugung als auch der Behandlung das A und O. Die besten Sportarten sind beispielsweise Rückenschwimmen, Aquagymnastik, Aerobic und Joggen auf entsprechendem Untergrund. Bewegungsmangel und langes Sitzen sollten durch sportliche Aktivitäten ausgeglichen werden. Wer am Schreibtisch arbeitet, sollte zwischendurch aufstehen und einige Schritte gehen und sich sanft strecken und dehnen. Ebenfalls wichtig zur Vorbeugung und Therapie ist eine gesunde, aufrechte Körperhaltung. Um diese zu erlernen, ist der Besuch einer Rückenschule empfehlenswert. Zudem werden dem Betroffenen hier verschiedene Übungen gezeigt, die zu Hause weiter angewendet werden können.


Experten-Interview mit Dr. Schneiderhan

Dr. Schneiderhan ist Spezialist für Schmerztherapien sowie minimalinvasive Eingriffe bei verschiedenen Wirbelsäulenerkrankungen.

Hallo Herr Dr. Schneiderhan. Vielen Dank, dass Sie sich Zeit nehmen für dieses Interview zum Thema Zervikalsyndrom. Könnten sie kurz ein paar Worte zu sich sagen und wo Ihre Schwerpunkte in der Orthopädie liegen?

Ich habe mich 1993 als Orthopäde in München niedergelassen. Meine Spezialisierungen liegen in der Schmerztherapie sowie auf minimalinvasiven Eingriffen bei verschiedenen Wirbelsäulenerkrankungen. Dazu zählen neben typischen Beschwerdebildern, wie Rücken- und Nackenschmerzen auch Bandscheibenvorfälle und Beschwerden bei Wirbelsäulenverschleiß.

Nacken-, Schulter- und Rückenschmerzen nehmen ja einen großen Teil orthopädischer Behandlungen ein. In diesem Interview soll ein spezifischer Auslöser genauer betrachtet werden: Das Zervikalsyndrom. Worum handelt es sich dabei genau?

Das Zervikalsyndrom betrifft die Halswirbelsäule. Dabei handelt es sich um einen recht allgemeinen Begriff für Nacken- und Schulterschmerzen chronischer und akuter Art. Schmerzen können dauerhaft in die Arme ausstrahlen oder es entstehen nur zeitweise Beschwerden, die dann aber so stark sind, dass Betroffene den Kopf kaum bewegen können. Allgemein erfordert es etwas Detektivarbeit, um die Diagnose richtig zu stellen.

Viele Probleme des Rückens strahlen in andere Körperbereiche aus. Ist das beim Zervikalsyndrom genauso? Auf welche Symptome muss man achten?

Wie bereits erwähnt, können die Arme von Schmerzen oder Taubheitsgefühlen betroffen sein. Hinzu kommen in vielen Fällen Kopfschmerzen unterschiedlicher Intensität und Schwindel. Auch die Sinnesorgane können vom Halswirbelsäulensyndrom in Mitleidenschaft gezogen werden. So entstehen nicht selten Ohrgeräusche und Sehstörungen. Treten diese Symptome gepaart mit starken Verspannungen im Nacken- und Schulterbereich auf, liegt der Verdacht eines Zervikalsyndroms nahe.

Welche konservativen Behandlungen kommen infrage, wenn der Orthopäde ein Zervikalsyndrom diagnostiziert hat? Gibt es auch Fälle, in denen operiert werden muss?

Bei der Behandlung eines Zervikalsyndroms steht immer zunächst die Schmerzreduktion im Vordergrund. Da mit schmerzstillenden Medikamenten lediglich die Folgen eines Halswirbelsäulensyndroms bekämpft werden können, sollte im Anschluss Ursachenforschung betrieben werden. Dazu wird der Patient eingehend zu Art, Dauer und Auftreten der Schmerzen befragt. Wichtig sind auch psychische Faktoren und körperliche Arbeit. Verschiedene bildgebende Verfahren geben schließlich Aufschluss über den Zustand der Wirbelsäule, der Bandscheiben und mögliche Verschleißerscheinungen.

Als Therapie bieten sich in der Regel Physiotherapie, Akupunktur, Massagen und autogenes Training an. Denn Stress ist ein wesentlicher Auslöser für die starken Verspannungen im Nacken. Daher sollten Patienten einen Ausgleich für stressige Arbeitstage finden, etwa Pilates, Walking, zügige Spaziergänge, aber auch warme Bäder können helfen. Problematisch ist die Chronifizierung der Schmerzen – dann sollte interdisziplinär gearbeitet werden, etwa mit Neurologen, Radiologen und Psychotherapeuten. Eine OP ist bei Verspannungen der Muskulatur nicht notwendig, es sei denn ein schwerer Bandscheibenvorfall liegt zugrunde, der Lähmungen oder Blasen- und Mastdarmstörungen hervorruft.

Kann ich einem HWS-Syndrom vorbeugen und wenn ja, können sie vielleicht drei Übungen vorstellen, die helfen?

Wie bei den meisten Problemen im Bereich der Gelenke und der Wirbelsäule sind auch hier ausreichend Bewegung wechselnde Körperhaltungen wichtig. Für Muskelentspannungen zwischendurch gibt es viele verschiedene Übungen. Ausgangslage hierfür ist immer eine aufrechte Haltung entweder im Sitzen oder Stehen. Nun das linke Ohr langsam in Richtung der linken Schulter bringen, dabei bleibt der Kopf gerade und die rechte Schulter zieht in Richtung Boden. Anschließend wechseln und je Seite dreimal wiederholen.

Ebenfalls sehr gut für die Nackenmuskulatur ist das langsame und bewusste Rückwärtskreisen der Schultern. Die Muskeln im Bereich der Brust- und Halswirbelsäule selbst zu lockern funktioniert selten, ohne Verrenkungen in anderen Körperteilen zu vollführen. Hier helfen ein Tennisball oder so genannte Faszienkugeln. Lehnen Sie sich gegen die Wand und klemmen den Ball zwischen Rücken und Wand ein. Die Stärke des Drucks können Sie nach Belieben variieren. Jetzt gehen Sie leicht in die Knie und führen den Ball an Ihrem Rücken entlang zu den verspannten Muskeln. Fortgeschrittenen können die Übung auch am Boden durchführen und sich mit dem Rücken vorsichtig auf den Ball legen.

Zu guter Letzt eine Frage, die besonders die Büroarbeiter unter den Lesern interessieren dürfte: Welche Alltagstipps gibt es, um Nacken- und Rückenproblemen vorzubeugen?

Ja, besonders für Schreibtischsitzer ist die Entlastung der Wirbelsäule wichtig, denn wir neigen dazu mit nach vorne gestrecktem Kopf auf den Computerbildschirm zu schauen – ähnlich einer Schildkröte. Im Alltag hilft es oft schon, sich bewusst zu machen, wie man im Moment sitzt. Dann gilt: Schultern bewusst zurücknehmen und das Brustbein bewusst nach oben in eine aufrechte Haltung ziehen. Zwischendrin immer mal wieder aufstehen hilft zudem, nicht vollends im Bürostuhl zu versinken. Natürlich ist auch das Equipment entscheidend. Der Schreibtisch ist im besten Fall individuell einstellbar, ebenso wie der Stuhl. Der Monitor sollte mittig vor den Augen platziert sein. Und nach der Arbeit ist ein Ausgleich zum langen Sitzen immer gut.

Herr Dr. Schneiderhan, ich danke Ihnen vielmals für das Interview und Ihre Tipps.

Vielen Dank auch Ihnen, Herr Dasbeck.

 

Und hier noch ein paar Informationen zu meinem Interviewpartner:

InterDr. med. Reinhard Schneiderhan

  • Facharzt für Orthopädie und spezielle Schmerztherapie
  • Gründer des MVZ „Praxisklinik Dr. Schneiderhan & Kollegen“

Seit über 20 Jahren werden Patienten mit Rückenbeschwerden in der Praxisklinik „Dr. Schneiderhan & Kollegen“ mit modernen und schonenden Verfahren behandelt. Angeschlossene MVZs wie das Wirbelsäulenzentrum München/Taufkirchen gewährleisten eine interdisziplinäre Versorgung. Dr. Schneiderhans Tätigkeitsfelder sind Sportmedizin, physikalische Therapie und Chirotherapie. Außerdem ist er Durchgangsarzt für Berufsgenossenschaften.


Definitionen

Was ist ein HWS-Syndrom?

Die Abkürzung HWS steht für Halswirbelsäule. Ein Syndrom bezeichnet immer ein Bündel von verschiedenen Symptomen in dem jeweils genannten Bereich, in diesem Fall die Halswirbelsäule. Der Ausdruck Halswirbelsäulensyndrom, medizinisch auch Zervikalsyndrom genannt, gibt keinen Hinweis auf die Ursache. So können Beschwerden im Nackenbereich durch einen Unfall, Bandscheibenvorfälle, degenerative Erkrankungen oder durch Verspannungen verursacht werden.

Was gehört zur Halswirbelsäule?

Die Wirbelsäule wird anatomisch in vier Bereiche eingeteilt. Die Halswirbelsäule ist der oberste Teil und direkt mit dem Schädel verbunden. Sie besteht aus sieben Wirbeln, die mit C1 bis C7 durchnummeriert sind. C steht für cervical, den Hals betreffend. Die ersten zwei Wirbel haben einen eigenen Namen: der Atlas, C1, und der Axis, C2, der Dreher.

Was ist eine Cervicobrachialgie?

Ins deutsche übersetzt ist die Cervicobrachialgie ein Schulter-Arm-Syndrom. Eine Reihe von Beschwerden, die sowohl den Nacken als auch einen oder beide Schulter- und Armbereiche betreffen, werden damit zusammengefasst. Es ist keine endgültige Diagnose. Als Ursache kommen alle Störungen der HWS in Frage, bei denen auch Nervenbahnen beteiligt sind. Z. B. Bandscheibenvorfälle, Spondylarthrosen, Myogelosen oder Nervenentzündungen.

Was ist eine chirotherapeutische Deblockierung?

Chiro, bzw. griechisch: Cheir, bedeutet Hand. Die Chirotherapie gehört zur manuellen Therapie. Durch bestimmte Handgriffe werden Gelenks- und Gewebestrukturen bewegt, um so Blockaden am Bewegungs- und Stützapparat aufzulösen, zu deblockieren. Dafür werden drei verschiedene Handgriffe angewendet, die Manipulation, die Mobilisation und die Massage. Diese alternative Therapiemethode findet immer mehr Anerkennung im Bereich der Allgemeinmedizin.

Was ist Reizstrom?

Hinter dem Begriff Reizstrom verbergen sich Therapieformen, die mithilfe von Gleichstrom oder auch niedrigem Wechselstrom, Einfluss auf die Muskelarbeit nehmen. Dafür werden Elektroden an bestimmten Stellen auf die Haut gesetzt. Durch sanfte Stromimpulse können so Muskelkontraktionen ausgelöst oder Schmerzinformationen unterbrochen werden. Weitere Bezeichnungen für die Therapien mittels Reizstrom sind Elektrotherapie oder TENS, Transkutane Elektrische Nerven-Stimulation.

Artikel zuletzt aktualisiert am 23. September 2022 von

Gesundheitsbotschafter Timo Gudrich„Bei chronischen Nackenschmerzen würde ich vorerst immer die Themen Körperhaltung, Atmung, Faszientraining und Mobilisation angehen.“

Gesundheitsbotschafter Timo Gudrich

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